Seit mehreren Tagen greifen die HTS (Hay’at Tahrir al-Sham) – der syrische Al-Qaida-Ableger – und die SNA (Syrische Nationalarmee), die aus verschiedenen dschihadistischen Gruppierungen bestehen und von der Türkei unterstützt werden, die syrischen Regimetruppen an und rücken in der Region vor. Überraschenderweise leisteten die Regimetruppen zunächst keinen Widerstand und zogen sich zurück. Die Angreifer drangen in Aleppo ein – eine Großstadt mit mehreren Millionen Einwohner:innen – und übernahmen kampflos die Kontrolle über die Stadt, mit Ausnahme der Lebensräume und Wohnviertel der Kurd:innen. Außerdem griffen sie an anderen Fronten an und erreichten schließlich die Stadt Hama.
Nun greifen die von der Türkei unterstützten SNA-Kräfte die Gebiete der Kurd:innen sowie die demokratische Autonome Administration von Nord- und Ostsyrien (DAANES) an. Die Kämpfe toben derzeit an allen Fronten, wobei der Hauptangriff auf kurdische Gebiete wie Shehba und die Stadt Tel Rifat erfolgt. Die Zivilbevölkerung in diesen Gebieten musste von den Kräften der DAANES evakuiert werden.
Die Demokratische Autonome Verwaltung von Nord- und Ostsyrien (DAANES) ist ein demokratisches Verwaltungssystem in Syrien, das alle ethnischen und religiösen Komponenten der Gesellschaft einschließt und in den Frauen und die Jugend im sozialen Bereich eine führende Rolle spielen. Mit der Rojava-Revolution wurde auch die Frauenrevolution in der Region eingeleitet.
Laut Angaben des Volksrats von Efrîn-Şehba wurden nach weiteren Bemühungen insgesamt rund 200.000 Menschen aus Tel Rifat über einen etwa 150 Kilometer langen Korridor in die Kantone Tabqa und Raqqa gebracht. In Shehba und Tel Rifat lebten zuvor überwiegend Kurd:innen, die bereits nach der türkischen Besetzung von Afrin im Jahr 2018 vertrieben worden waren.
Aktuell gibt es intensive Truppenbewegungen und Angriffe in und um Manbij. Es wird erwartet, dass die nächste größere Offensive der von der Türkei unterstützten SNA in dieser Region stattfinden wird.
Die neo-osmanische Mentalität prägt das Vorgehen der Türkei, die mithilfe von Dschihadisten versucht, diese Regionen zu besetzen. Es ist nicht das erste Mal, dass die Türkei Gebiete angreift, die zur DAANES gehören. Seit Beginn der Revolution in Syrien im Jahr 2011 ist die Türkei in aggressive Pläne und Angriffe gegen die Kurd:innen in Rojava sowie die DAANES verwickelt. Die Kurd:innen in Rojava und Nord- und Ostsyrien sehen sich erneut der Gefahr eines Massakers ausgesetzt, das durch tägliche Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorangetrieben wird.
Als in Syrien engagierte Kräfte machen wir weltweit auf diese Angriffe aufmerksam und fordern, dass alle die Tatsachen und Wahrheiten erkennen und entsprechend Stellung beziehen. Ein Erfolg der mit der Türkei verbundenen Al-Qaida-Gruppe HTS und der dschihadistischen SNA würde eine Situation schaffen, die der IS-Ära ähnelt. Mit ihrem Sieg würde Syrien zu einer Basis für dschihadistische Kräfte werden. Diese Entwicklung muss verhindert werden – nicht nur im Interesse der betroffenen Regionen, sondern auch im Sinne der gesamten Menschheit.
Wir appellieren an alle demokratischen Kräfte und die internationale Gemeinschaft, sich entschieden gegen die Angriffe der Türkei und ihrer verbündeten dschihadistischen Gruppen zu stellen. Die DAANES und Rojava dürfen nicht allein gelassen werden – ihre Verteidigung ist ein gemeinsamer Kampf für Demokratie, Menschenrechte und Frieden in der Region.
Wir rufen auch alle Kurd:innen und die Menschen aus Kurdistan dazu auf, ihre Aufmerksamkeit auf Rojava zu richten – so wie einst in der Zeit von Kobanê. Es ist entscheidend, die DAANES überall mit dem Geist von Kobane zu verteidigen.